Biographie

Photo: Barbara Klemm

Anselm Kiefer ist einer der innovativsten und bedeutendsten Künstler unserer Zeit. Seine Werke befinden sich in zahlreichen öffentlichen und privaten Sammlungen weltweit. Während seiner mehr als fünf Jahrzehnte umfassenden Karriere waren seine Werke in hunderten von Einzel- und Gruppenausstellungen zu sehen. Kiefers künstlerische Praxis umfasst verschiedene Medien wie Malerei, Bildhauerei, Holzschnitt, Fotografie, Film, Künstlerbuch, Installation und Architektur. Seine Kunst und seine Schriften erforschen die menschliche Existenz und die zyklische Natur der Geschichte anhand einer breiten Palette von Themen und Motiven, die von Literatur und Poesie, Geschichte, Philosophie, Wissenschaft, Mythologie und Religion inspiriert sind.

Photo: Barbara Klemm

1945

Anselm Kiefer wird am 8. März 1945 in Donaueschingen geboren und wächst die ersten Jahre bei seinen Großeltern auf.

1951

Er zieht zu seinen Eltern nach Ottersdorf bei Rastatt am Rhein.

1966

Kiefer verbringt drei Wochen im Kloster Sainte-Marie de La Tourette in Éveux bei Lyon, wo er am religiösen Leben der Dominikaner teilnimmt. In dem zwischen 1953 und 1960 von Le Corbusier erbauten Kloster entdeckt er die „Spiritualität des Betons.

Kiefer beginnt ein Jura- und Romanistik-Studium an der Universität in Freiburg im Breisgau. Nach einem Jahr wechselt er an die Staatliche Akademie der Bildenden Künste in Freiburg in die Klasse von Peter Dreher.

1968

Er richtet sein erstes Atelier in Karlsruhe ein.

1969

Anselm Kiefer setzt sein Studium bei Horst Antes an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe fort. Im Sommer 1969 ‘besetzt’ er in der Militäruniform seines Vaters den Hitlergruß parodierend geschichtsträchtige Monumente und Landschaften in Frankreich, Italien und der Schweiz. Die Aktion Besetzungen markiert den Beginn seiner Auseinandersetzung mit der tabuisierten Geschichte des Nationalsozialismus und seiner Hinterfragung deutscher Identität und Kultur.

1970

Seine erste Einzelausstellung eröffnet in der Galerie am Kaiserplatz in Karlsruhe.

1971

Kiefer zieht in ein ehemaliges Schulhaus bei Buchen im Odenwald.

Er steht im Austausch mit Joseph Beuys, der zu dieser Zeit Professor an der Kunstakademie Düsseldorf ist. Er zeigt ihm seine Arbeiten und nimmt an einigen von Beuys‘ Aktionen teil (Überwindet endlich die Parteiendiktatur u.a.)

1973

Er beginnt einen Werkzyklus zu Richard Wagners Der Ring des Nibelungen.

1975

Kiefer verwendet erstmals Blei als künstlerisches Material.

1977

Seine erste Museumsausstellung wird im Bonner Kunstverein gezeigt.

Er beginnt eine Serie von Holzschnitten zu Wagners Ring des Nibelungen (Brünnhilde, Grane).

1980

Anselm Kiefer und Georg Baselitz stellen im Westdeutschen Pavillon der 39. Biennale von Venedig aus. Unter dem Titel Verbrennen, verholzen, versenken, versanden werden mehrere Bilder und eine Auswahl zwischen 1970 und 1978 entstandener Künstlerbücher gezeigt. Die Werke provozieren eine Kontroverse über ‘deutsche Motive’ in der Kunst nach 1945.

1981

Er integriert Versatzstücke nationalsozialistischer Architektur in seine künstlerische Arbeit, die deren Größenwahn und Ewigkeitsanspruch unterlaufen.

Kiefers erste Einzelausstellung in den USA eröffnet in der Marian Goodman Gallery in New York.

1982

Die Whitechapel Gallery in London zeigt Anselm Kiefer: Paintings and Books.

1984

Anselm Kiefer reist zum ersten Mal nach Israel und beginnt, sich in seinem Werk mit ägyptischer und mesopotamischer Mythologie und Geschichte auseinander zu setzen.

Eine umfassende Einzelausstellung wird in der Städtischen Kunsthalle Düsseldorf eröffnet und wandert anschließend ins Musée d’Art moderne de la Ville de Paris und ins Israel Museum in Jerusalem.

Die Ausstellung Anselm Kiefer : Peintures de 1983–1984 wird im CAPC Musée d’Art Contemporain in Bordeaux gezeigt.

1985

Während der Restaurierung des Kölner Doms erwirbt Kiefer einen Teil des Daches aus Blei, das er vor allem in seiner Skulptur Zweistromland / The High Priestess. verarbeitet.

Blei wird zu seinem bevorzugten Material.

1987

Er stellt auf der 19. Biennale von São Paulo aus und fotografiert die Wolkenkratzer der brasilianischen Metropole. Später verwendet er diese Fotografien als Grundlage für seine Werke Lilith und Liliths Töchter.

Internationaler Erfolg mit einer Wanderausstellung durch die USA: Art Institute of Chicago, Philadelphia Museum of Art, Museum of Contemporary Art Los Angeles und Museum of Modern Art, New York.

1989

Anselm Kiefer erwirbt eine alte Ziegelfabrik in Höpfingen (Odenwald) und transformiert sie und das dazugehörige Gelände in eine Kunstinstallation.

1990

Er reist zum zweiten Mal nach Israel. Die Kabbala wird zu einer seiner wichtigsten Inspirationsquellen.

Die Ausstellung Anselm Kiefer: Bücher 1969 – 1990 wird in der Kunsthalle Tübingen eröffnet und wandert anschließend zum Kunstverein München und zum Kunsthaus Zürich. Er erhält eine umfassende Einzelausstellung in der Neuen Nationalgalerie in Berlin.

1991

Reisen nach Mexiko, Guatemala, Südkorea und Japan.

1992

Reisen in die USA, nach Thailand, Australien und Indonesien.

Anselm Kiefer verlässt Deutschland und zieht in eine stillgelegte Seidenspinnerei in Barjac im Departement Gard in Südfrankreich.

1993

Reisen nach Indien, China, Pakistan, Nepal und Japan.

Die Ausstellung Anselm Kiefer: Melancholia wandert durch Japan: Sezon Museum of Modern Art, Tokio, Kyoto National Museum, Hiroshima City Museum of Contemporary Art.

1995

Kiefer liest Schriften des englischen Philosophen Robert Fludd und bezieht dessen Theorien zum Kosmos und zum Verhältnis zwischen Makro- und Mikrokosmos in sein Werk ein.

1996

Er reist zum zweiten Mal nach Indien, anschließend nach Marokko und Ägypten und beginnt seine Werkserie Ich halte alle Indien in meiner Hand.

1997

Das Museo Correr in Venedig zeigt die Ausstellung Anselm Kiefer: Himmel – Erde.

1998

Das Metropolitan Museum of Art in New York erwirbt 54 Arbeiten auf Papier und präsentiert sie in der Ausstellung Anselm Kiefer: Works on Paper 1969–1993.

2003

Kiefer gestaltet das Bühnenbild und die Kostüme für die Tragödie Ödipus auf Kolonos von Sophokles am Wiener Burgtheater und für Richard Strauss’ Elektra im Teatro di San Carlo in Neapel (Regie jeweils Klaus Michael Grüber).

2005

Beginn der Ausstellungstour Anselm Kiefer: Heaven and Earth im Modern Art Museum of Fort Worth, Texas. Weitere Stationen sind das Musée d’Art Contemporain de Montréal, das Hirshhorn Museum and Sculpture Garden, Washington, DC und das San Francisco Museum of Modern Art.

2007

Kiefer eröffnet die Ausstellungsreihe Monumenta im Grand Palais in Paris mit einer Hommage an die Dichter Ingeborg Bachmann und Paul Celan sowie den Schriftsteller Ferdinand Céline.

Er richtet zwei neue Ateliers ein, eines im Marais in Paris und ein weiteres in Croissy im Pariser Osten.

Im Oktober werden drei Auftragswerke im Louvre installiert und in die Sammlung des Museums aufgenommen, das Gemälde Athanor und die Skulpturen Danaé und Hortus Conclusus.

2009

Anlässlich ihres 20-jährigen Bestehens beauftragt die Pariser Opéra Bastille Anselm Kiefer mit der künstlerischen Leitung einer Inszenierung mit dem Titel Am Anfang, die auf Texten des Alten Testaments basiert. Neben dem Konzept stammen auch die Kostüme und das Bühnenbild von Kiefer, Jörg Widmann wird mit der musikalischen Direktion betraut.

2010

Kiefer wird ans Collège de France in Paris berufen (chaire de création artistique). Er hält eine Vorlesungsreihe mit dem Titel Die Kunst geht knapp nicht unter.

2014

Die Royal Academy of Arts in London widmet Anselm Kiefer eine umfassende Retrospektive.

2015

Das Pariser Centre Pompidou und die Bibliothèque Nationale de France präsentieren Übersichtsausstellungen seines Werkes. Anselm Kiefer : L’alchimie du livre (Anselm Kiefer: Die Alchemie des Buches) in der Nationalbibliothek in Paris ist die erste Ausstellung in Frankreich, die seinen 1969 bis 2015 entstandenen Künstlerbüchern gewidmet ist.

2016

Die Albertina in Wien zeigt die retrospektive Ausstellung Anselm Kiefer: Die Holzschnitte.

2017

Anlässlich des 100. Todestages von Auguste Rodin präsentieren das Musée Rodin in Paris und die Barnes Foundation in Philadelphia die Ausstellung Kiefer Rodin. Gezeigt werden Bücher, Vitrinen und Gemälde von Kiefer, die von Rodins Werk und dessen Buch Die Kathedralen Frankreichs inspiriert wurden.

2018

Uraeus, Anselm Kiefers erste öffentliche Skulptur in den USA, wird temporär am Rockefeller Center in New York installiert.

2019

Die Schweizer Fondation Jan Michalski pour l’Écriture et la Littérature in Montricher eröffnet die Ausstellung Anselm Kiefer: Livres et xylographies (Anselm Kiefer: Bücher und Holzschnitte), die im Anschluss zum Astrup Fearnley Museet in Oslo wandert.

Er kehrt auf Wunsch der Dominikaner in das Kloster La Tourette zurück und präsentiert eine Einzelausstellung von Werken im Dialog mit der Architektur von Le Corbusier.

2020

Anlässlich der Gedenkzeremonie zur Überführung des Schriftstellers Maurice Genevoix ins Panthéon am 11. November 2020 gibt der französische Präsident Emmanuel Macron eine permanente Installation von Anselm Kiefer und eine Komposition des französischen Musikers Pascal Dusapin in Auftrag. Kiefers Werk für das Panthéon umfasst sechs Vitrinen, die charakteristisch für sein visuelles Vokabular sind. Sie enthalten Bücher, Blei, Stacheldraht, Uniformen, Stroh, Blumen und getrockneten Mohn als spezifische Referenz in Gedenken an die Opfer des ersten Weltkrieges.

2021

Das Grand Palais Éphémère in Paris zeigt eine Hommage an den Dichter Paul Celan Anselm Kiefer – Pour Paul Celan.

2022

Im Dogenpalast (Palazzo Ducale) in Venedig wird in der Ausstellung Anselm Kiefer – Questi scritti, quando verranno bruciati, daranno finalmente un po‘ di luce (Andrea Emo) eine neue Werkgruppe präsentiert. Kiefer wurde von der Fondazione Musei Civici di Venezia (MUVE) eingeladen, eine ortsspezifische Installation von Gemälden zu schaffen, die auf den Sala dello Scrutinio im Dogenpalast und auf die Geschichte Venedigs Bezug nimmt.

Die Eschaton-Kunststiftung Anselm Kiefer macht La Ribaute in Barjac für die Öffentlichkeit zugänglich.

2023

Im Musée d’Art Moderne in Lille (LaM) wird die Einzelausstellung Anselm Kiefer. La photographie au commencement gezeigt. Es ist die erste Ausstellung, die sich umfassend dem Aspekt der Fotografie in Kiefers Werk widmet.

Wim Wenders biografischer Film Anselm – das Rauschen der Zeit wird in Cannes präsentiert und kommt im Oktober in die Kinos.

Für die 26. Ausgabe der von museum in progress konzipierten Ausstellungsreihe ‘Eiserner Vorhang’ wird Kiefers Werk Solaris (für Stanislaw Lem) von November 2023 bis Ende Juni 2024 auf dem Brandschutzvorhang der Wiener Staatsoper präsentiert.

2024

Anselm Kiefer. Angeli caduti, eine umfassende Einzelausstellung im Palazzo Strozzi in Florenz, präsentiert aktuelle und frühere Werke von Kiefer im Dialog mit der Architektur des Renaissance-Palastes.