Monica Bonvicini

„Wenn sie als sensible Körper wahrgenommen werden, speisen sich Architektur und Kunstwerk gegenseitig und werden erst durch die Anwesenheit des Besuchers vollends aktiviert.“

Im Jahr 2022 installierte Monica Bonvicini eine neue Skulptur in La Ribaute. Ihr ortsspezifisches Kunstwerk The Waiting untersucht Ängste und Erwartungen, Neugierde und Zögern, Fragen zur Gesellschaft, Eros und Gewalt. Monica Bonvicini verwendet häufig Baumaterialien für ihre Kunstinstallationen. Sie betrachtet dieses Werk als konzeptuelle Fortsetzung ihrer Stücke: Stairway to Hell, 2003, und SCALE OF THINGS (to come) 2010, die sich beide mit falschen Versprechungen des Marktes und städtebaulichen Szenarien befassen; die Künstlerin bringt den Betrachter dazu, nicht nur über den Maßstab der Architektur nachzudenken (die höchste, größte, luxuriöseste etc.), sondern auch über die Ebene der sozialen Veränderungen, die durch das liberale Stadtdesign als die fast immer ignorierte Folge bewirkt werden.

THE WAITING (2022) von Monica Bonvicini :

Eine Geländerkonstruktion aus rostfreiem Stahl dominiert das Zentrum des Raumes. Das Element ist der disziplinären Mikroarchitektur entlehnt, allgegenwärtig in Flughäfen, Durchgangsstationen, Kassenschaltern und mehr: Orte, an denen Menschenmassen üblicherweise organisiert und oft in Warteschlangen gezwungen werden. Doch je näher man kommt, desto mehr wird dieses gängige Bild gestört. In The Waiting ind die Geländerstäbe verbogen, und ein Paar Handschellen ist an einer Kettebefestigt, wodurch eine minimale, aber eindringliche Szenografie des Konflikts, der Flucht, des Ausbrechens und des Ungehorsams entsteht.

The Waiting befindet sich über einer Treppe, die zu einem unterirdischen Tunnel führt, einem Fluchtweg – einem Eingang oder einem Ausgang? Die Reibung zwischen dem Gefühl des Schutzes und der Skulptur, an der die weit geöffneten Handschellen hängen, provoziert den Betrachter zu vielfältigen Spekulationen: Was ist passiert? Was wird geschehen?

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Monica Bonvicini

Original text: Monica Bonvicini, 2022
Bildnachweis : Jelka von Langen